5. April 2024
Juristische Übersetzungen sind herausfordernd: Sicher kennen Sie das manchmal undurchdringliche Dickicht juristischer Texte– eine Mischung aus komplizierten, pedantisch genauen Formulierungen und weitschweifigen Sätzen.
Genau das ist auch bei der Übersetzung die Herausforderung. Die Übersetzung von Rechtstexten erfordert neben handwerklichem Können und sprachlichem Feingefühl auch fundiertes Fachwissen.
In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf das berühmt-berüchtigte Juristenkauderwelsch und zeigen dabei Tücken sowie Lösungsansätze im Übersetzungsprozess auf, insbesondere für juristische Übersetzungen aus dem Englischen ins Deutsche.
Bereit für eine Expedition in die Welt der Rechtssprache?
Die Rechtsübersetzung gilt als eine der anspruchsvollsten Arten der Übersetzung. Sie erfordert nicht nur kulturelle und linguistische Kompetenz – dazu kommen wir im nächsten Abschnitt –, sondern auch vertiefte Kenntnisse der Rechtswissenschaften. Ganz besonders herausfordernd wird es, wenn zwei unterschiedliche Rechtsordnungen, z. B. die deutsche und die der USA, involviert sind. Anders als bei Fachgebieten wie Medizin, Technik, Wirtschaft oder Informatik geht es bei der Rechtsübersetzung nämlich nicht nur um die Übertragung von einer Sprache und einer Kultur in die andere, sondern es müssen auch die Unterschiede zwischen den verschiedenen Rechtssystemen berücksichtigt werden. Das heißt, wir müssen verstehen, wie unser Text juristisch in der Ausgangssprache ausgelegt wird, damit unsere Übersetzung exakt dieselben Informationen kommuniziert.
Jede Übersetzung erfordert Kenntnisse der Kultur der Ausgangs- und Zielsprache sowie linguistisches Wissen. Im Falle der Rechtsübersetzung bedeutet dies zunächst, das fachliche Niveau des Textes einzuschätzen, Terminologie zu recherchieren und die Textsorte – handelt es sich zum Beispiel um ein Urteil oder eine Verordnung? – sowie die Funktion des Textes zu bestimmen. Auch die Idiomatik spielt eine wichtige Rolle. So sprechen wir z. B. in Bezug auf Anwälte nicht von „Kunden“, sondern von „Mandanten“. Darüber hinaus sind kulturelle Unterschiede zu beachten wie das Paragraphenzeichen, das im Englischen im Gegensatz zum Deutschen nicht üblich ist. Der deutsche „Paragraph“ wird im Englischen mit „Section“ wiedergegeben. Der englische „Paragraph“ bezeichnet wiederum einen „Absatz“ im Deutschen.
Nun könnte man meinen, dass in englischsprachigen Ländern und Regionen wie den USA, England und Wales, die zudem dem gleichen Rechtskreis, dem Common Law, angehören, dieselben juristischen Ausdrücke verwendet werden. Doch dem ist (leider) nicht so: Trotz der Gemeinsamkeiten der Rechtsordnungen der Länder und der gemeinsamen Sprache existieren Unterschiede hinsichtlich einiger Rechtsbegriffe. So gibt es Fälle, in denen ein und dasselbe Konzept in den Ländern des Common Law mit unterschiedlichen Begriffen bezeichnet wird oder derselbe Begriff verschiedene Bedeutungen besitzt. Darüber hinaus gibt es auch stilistische Unterschiede. Während es in britischen Verträgen z. B. „best endeavours“ heißt, würde dieses Konzept im US-Rechtsraum mit „best efforts“ ausgedrückt werden.
In der englischen Rechtssprache lässt sich darüber hinaus häufig das Phänomen beobachten, dass zwei oder drei Wörter zu einer Phrase verbunden werden und eigentlich ein einziges Konzept vermitteln. Solche sogenannten Dubletten (z. B. „do and perform“) und Tripletten (z. B. „cancel, annul and set aside“) besitzen häufig dieselbe oder eine ähnliche Bedeutung und werden im Deutschen meistens besser in einem einzigen Wort ausgedrückt. Doch aufgepasst: Es gibt auch scheinbar synonyme Begriffe, die nicht dasselbe bedeuten. Diese sollten im Deutschen dann ebenfalls mit zwei Wörtern übersetzt werden.
Häufig wird Englisch heutzutage auch von Nicht-Muttersprachlern verwendet, was uns zur nächsten Herausforderung führt: Begriffe aus mehreren Sprachräumen und Rechtsordnungen werden gemischt. Die Folge sind Auslegungsprobleme und Übersetzungsschwierigkeiten. Hier ein Beispiel: Eine Person, deren Muttersprache nicht Englisch ist, verfasst einen Vertrag auf Englisch und verwendet dabei Begriffe aus dem Common Law, die nicht zu dem Rechtssystem passen, dem der Vertrag untersteht. Was machen wir in so einem Fall?
Zunächst müssen wir klären, welches Rechtssystem auf unseren Vertrag anwendbar ist, um zu prüfen, welche Bedeutungen sich hinter den gewählten Begriffen verbergen könnten. Anschließend müssen wir dieses Rechtssystem mit unserer Zielsprache vergleichen, um zu prüfen, ob es dort Begriffe mit der gleichen Bedeutung oder verwandte Begriffe gibt, die wir verwenden können. Hier treffen wir jedoch schon auf die nächste Hürde: Für viele Begriffe gibt keine direkte Entsprechung in der Zielsprache. Wir stehen also vor der Entscheidung, ob wir einen ausgangssprachlichen Ausdruck beibehalten und eine Erklärung (in Klammern oder in einer Fußnote) hinzufügen, ihn in der Zielsprache umschreiben oder eine ganz neue Formulierung wählen.
Jede dieser Lösungen hat ihre Vor- und Nachteile. Wichtig ist dabei vor allem, die Textsorte zu berücksichtigen, die Vorkenntnisse der Leserschaft im Blick zu haben und nicht zuletzt ggf. Begriffe passend zum jeweiligen Rechtssystem zu wählen.
Rechtsübersetzung geht über einfaches Übersetzen hinaus. Es handelt sich um eine komplexe Aufgabe, die sowohl sprachliche als auch rechtliche Kenntnisse erfordert.
Dabei umfasst die rechtliche Komponente das Verständnis unterschiedlicher Rechtssysteme, insbesondere wenn Texte von einer Rechtsordnung in eine andere übersetzt werden müssen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Berücksichtigung kultureller und sprachlicher Unterschiede.
Eine erfolgreiche Übersetzung setzt nicht nur eine gründliche Recherche der Terminologie und die Berücksichtigung kultureller Unterschiede voraus, sondern auch die Fähigkeit, die Sprache der Zielgruppe angemessen anzupassen.
Mit den nötigen Fachkenntnissen sowie einer gründlichen Vorbereitung und Analyse erstellen wir juristische Übersetzungen, die sowohl den Inhalt des Ausgangstextes exakt wiedergeben als auch gut verständlich sind.
Kategorien: Know-How
Schlagwörter: Juristische Übersetzung